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Südkurier 15.03.2016
13 Mär 2016

Münster- und Kammerchor überzeugt mit Fauré und Jenkins

Mit dem zeitgenössischen „Stabat Mater“ des Briten Karl Jenkins und dem „Requiem“ von Gabriel Fauré begeisterte der Münster- und Kammerchor, verstärkt durch Mitglieder der Jugendkantorei, Solisten und der Kammerphilharmonie Bodensee-Oberschwaben unter der Leitung von Münsterkantorin Melanie Jäger-Waldau die Zuhörer des Geistlichen Konzerts im Überlinger Münster.
Münster- und Kammerchor überzeugt mit Fauré und Jenkins Bild: Conrads

Jenkins? Wer ist Karl Jenkins? Zweifellos ist die Aufführung der zeitgenössischen Stabat-Mater-Vertonung des britischen Komponisten ein kleines Risiko für Münsterkantorin Melanie Jäger-Waldau gewesen, was sich auch prompt im eher schwachen Vorverkauf widerspiegelte. Der im Stehen entfachte Beifallssturm der dann doch über 500 erschienenen begeisterten Konzertbesucher am Ende des Konzerts ließ indes am grandiosen Erfolg des Konzerts keine Zweifel.

Zeitgenössische Musik wird allzu oft mit Dissonanzen und „schrägen Harmonien“ assoziiert. Nicht so bei Jenkins, der für dieses Werk nicht nur äußerst ohrgängige Melodien und Chorsätze schuf, sondern der Vertonung des mittelalterlichen Gedichts über die trauernde und weinende Gottesmutter bei der Kreuzigung Christi eine ergreifend adäquate Emotionalität gab. Jenkins ist offensichtlich überdies ein Meister der Dramatik und der Orchester-Instrumentierung und sein Faible für satte, volle Klänge bleibt keineswegs ohne Wirkung. Emotionale Musik zu schreiben ist eine Sache, die in Töne gegossene Emotionalität umzusetzen und dem Publikum herüberzubringen eine andere. Das gelang dem Münster- und Kammerchor, verstärkt durch die Jugendkantorei, überzeugend. Präsenz in den Einsätzen, Verständlichkeit des (für Überlinger Kirchenmusik eher unüblichen) italienischen Lateins sowie präzise Konsonant-Absprachen ließen keine Wünsche übrig.
Ausgesprochen differenziert gelang dem Chor unter Jäger-Waldaus sensiblem Dirigat beispielsweise der von Jenkins groß angelegte Satz „Vidit Jesum in tormentis“. Nicht nur in den A-capella-Stellen zeigte sich der Chor intonationssicher. Hinsichtlich Dynamik bewies der Chor zudem einerseits feinste Piano-Kultur, um andererseits sogar nach 105 Konzertminuten im Finale noch die Kraft für ein außerordentlich strahlendes Fortissimo zu haben: sehr beeindruckend.

Die Verwendung eines großen Schlagwerks in der Kirche mag manchen Hörer ebenso überrascht haben wie ethnischer Gesang auf Aramäisch und Arabisch einschließlich der hierzulande eher ungewohnten nahöstlichen Tonalität. Das alles sind Stilmittel, die bereits in den 80er Jahren Oskar Gottlieb Blarr in seiner Jesus-Passion einsetzte, um so den geografischen und ethnischen Bezug zum Geschehen herzustellen. Das fasziniert! Ein akzeptabler Kompromiss war die Besetzung einer Blockflöte (Katja Verdi) anstatt des eigentlich vorgesehenen Duduks (aramäisches Rohrblasinstrument). Völlig überzeugen konnte die Altistin Ursula Eittinger, die mit ihrer schönen Stimme auch in tiefen Lagen viel Volumen hatte. Arzu Gök überzeugte mit ethnischem Gesang, wenngleich sie zuweilen Mühe hatte, sich gegen eine fast übermächtige Orchester- und Chorbegleitung durchzusetzen.

Zu Konzertbeginn und vor Jenkins Stabat Mater erklang Gabriel Faurés Requiem, ein in mehreren Hinsichten bemerkenswertes Werk. Mit ergreifender Emotionalität zeichnete Fauré ein musikalisch-friedvolles Bild vom Jenseits. Die Bedrohung durch das Jüngste Gericht zitiert Fauré (anders als seine Zeitgenossen) im „Libera me“ lediglich 17 Takte lang mit markantem Bläser- und Choreinsatz. Ansonsten ist das Stück romantischer Plüsch pur mit ein wenig französisch parfümiertem Kompositionsstil bei sanftmütig-gezügelter Dynamik, kurz: eine defensive und ausgesprochen feinfühlige Musik. Geteilte Bratschen und Celli sowie eng zusammenliegende, tiefe Singstimmen generierten einen warmen, voluminösen Klang, ganz entsprechend dem romantischen Klangideal. Auffallend war das weit überproportional verwendete Unisono in den Chorsätzen. Dabei sang der Chor, behutsam von Jäger-Waldau geführt, wie schließlich auch in der Mehrstimmigkeit traumhaft schöne Legatissimo-Linien.

Die Marienorgel spielte der in Überlingen keineswegs unbekannte Kirchenmusiker Martin Weber aus Konstanz. Marco Vassali überzeugte mit seiner voluminösen Bariton-Stimme, differenziertem Ausdruck und hervorragender Sprache. Inniglich gestaltete die Sopranistin Sabine Winter den Satz „Pie Jesu“ zu sparsamster Orchestrierung. Die Kammerphilharmonie Bodensee-Oberschwaben lieferte bei beiden Werken solide Orchesterarbeit ab.

Bernhard Conrads

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